Bericht zur Berliner Meisterschaft A/B GR/FR
Es war ein besonderer Wettkampf aus vielerlei Hinsicht: Die Corona-Bedingungen machen Turniere zu einer eigenartigen Veranstaltung, es wurden gleichzeitig zwei Stilarten gerungen, es gab gleich zwei Rettungseinsätze, wir konnten Livestreaming beitragen…
Das Alles kommt zu der besonderen Bedeutung, die dieses Turnier für unsere Trainingsgruppe hatte: Ich konnte, außer bei Minh-Minh und Emil, bei jedem eine Startmarke zu der von 2019 kleben. Zwei Jahre hatten die ältesten Sportler von uns also Wettkampfpause. Aber sie haben sich den vielen Nichtberliner Gästen und vor allem den Sportschülern gestellt. Viele Spotschüler waren allerdings nicht da. Und ja: Es gibt unser Sportler immer noch. Beispielsweise ist Till von 19kg E-Jugend auf 71kg A-Jugend gewachsen.
Anton hatte bei der BM das erste Turnier seines Lebens. Sich als Jugendlicher und Spätanfänger dieser Herausforderung zu stellen und sich dabei in keinster Weise zu blamieren, ist ein guter Auftakt. Er ist ein gutes Beispiel für Hohenschönhauser Ringer, die oft als Underdogs starten. Seit zwei Jahren ist er nun dabei, hat viel von uns und seinem Vater gelernt, und holt Wertungen, geht sogar in Führung, schwächelt nur bei der Kondition. Zum Glück kann man das trainieren. Anton legt für jedes Training nach der Schule einen weiten Weg zurück. Sein Wille, seine Selbstdisziplin und seine Motivation sind seine Stärken.
Alex musste zu den Griechen und holte zwei Siege. Wir begleiten ihn so lange und verfolgen eine tolle Entwicklung: Er hat viel von seiner Verspieltheit verloren. Manchmal fehlt noch der rechte Wille und das Wissen über seine Fähigkeiten. Doch nicht selten glänzt Alex mit seinen Stärken, die in den schweren Klassen wichtig sind: Er ist schnell und wendig, gut trainiert und verfügt theoretisch über ein passables Repertoire. Das muss nun zur Durchsetzungsreife trainiert werden – er hat bei uns gute Übungspartner.
Avidan verkörpert viele Eigenschaften, die einen Ausnahmeathleten ausmachen könnten. Hier liegt die Betonung auf dem Konjunktiv, denn die tatsächlichen Ergebnisse sprechen eine andere Sprache. Seine Niederlage bei dem Turnier liegt meiner Ansicht nach vor allem darin, dass er kein Angreifer ist. Es ist Avidans sanftes Gemüt, dass sein Potential in Grenzen hält. Das ist eine lobenswerte Eigenschaft für einen Menschen aber im Zweikampf kein Vorteil.
Matti kränkelte letzte Woche und ich war sehr unsicher, ob er überhaupt antritt. Im Training ist er gern der gemütliche Kämpfer. Technisch und athletisch steht er den Anderen aber in keiner Weise nach. Er steckt beim Kampf oft in einem „Loch“ (Formulierung von Matti) fest. Hier sind es also mentale Schranken, die ihn bremsen. Das sieht man seinen Kämpfen an. Aber es gibt auch Momente, in denen man gut sehen kann, was in ihm steckt. Das kitzeln wir schon noch raus.
Minh-Minh hatte in den wichtigsten Kämpfen mit seinem Asthma zu tun. Von daher ist es schon wichtig zu erwähnen, dass er seine Niederlagen trotzdem bis zum Ende ausrang und teils halbtot aber aufrecht von der Matte ging. Ich freue mich darauf, mit ihm gemeinsam in der Videoauswertung seine starken Beinangriffe zu bewundern. Generell ist dieser kluge Junge ein mutiger Angreifer.
Till hatte ein schweres Los, denn er verfehlte seine Klasse um 300g mit 65,3kg auf der Waage. Als Trainer und Vater konnte ich die inneren Kämpfe auf seinem Gesicht lesen, obwohl er im Gespräch immer zuversichtliche Worte fand oder auch klar seine geringen Chancen benannte. Dabei blieb er cool und abgeklärt. Trotzdem ergriff er in beiden Kämpfen die Initiative und spielte nicht Kaninchen vor der Schlange. Tills Reife ist beeindruckend.
Emil kam, sah und siegte. Er ist irre souverän und zielt auf die nächsten Level: Norddeutsche Meisterschaften und natürlich die Deutsche Meisterschaft. Verdient ist er vergoldeter Berliner Meister.
Wir haben für dieses Turnier außerdem ein Livestreaming aufgebaut. Mit vier Kamera-Nestern und fünf Servern haben wir ebensoviele Streams über vier LTE-Uplinks aus der Halle übertragen. Das ganze war personell und technische eine Kooperation zwischen dem Grünen Campus Malchow, der vorort.live GbR und unseren Sportler*innen, die die Kameras besetzt haben. Lion, Max, Max, Laureen, Adina und Celvin haben hier immense Ausdauer bewiesen. Ina Rossade hat viel beim Auf- und Abbau geholfen, auch dafür gebührt ihr Dank! Von vorort.live haben Moritz (Server), Lorenzo (Entwickler, Techniker), Marius (Techniker) und ich (…) die Hard- und Software gestemmt.
Für vorort.live war das ein wichtiger Test, weshalb alle Kosten (Server, Technik, Catering) durch diese Firma übernommen wurden. Kurzfristig eine zusätzliche Matte streamen, hat uns ganz schön unter Druck gesetzt und führte u.a. zu Problemen mit der Kampffolge. Es wurden im Durchschnitt 120 Zuschauer versorgt und dabei rund 700GB Daten übertragen. Grundsätzlich bleibt aber festzustellen: Wir können das. Naja, die Veranstaltungstechnik machen wir inzwischen nebenbei und voll gern.
Für unseren Trainingsstützpunkt war dieses Turnier also ein bedeutender und erfolgreicher Auftakt für 2022. Wir sind gespannt, wie es nun mit den jüngeren Sportler*innen wettkampftechnisch vorangeht. Hier warten einige Neulinge auf ihre ersten Turniere und die erfahreneren Ringer*innen wollen zeigen, was sie können. Gesundes neues Jahr!
Die folgenden Fotos sind freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Simone Reinke.
Auch wenn der wunderschöne Wurf (Suplex) nicht von unserem Sportler gezogen wurde, so müssen wir dieses tolle Foto würdigen. Im Hintergrund sieht man, dass ich das live gesehen habe. Ich hatte dabei wirklich Gänsehaut!